VERSCHERBELT UND VERKOMMEN … über den Umgang mit unserem kulturellen Erbe.

VERSCHERBELT UND VERKOMMEN … über den Umgang mit unserem kulturellen Erbe.


An Bürgermeister und Gemeinderat 

Talstraße 1

01665 Klipphausen

Sehr geehrte Damen und Herren,     Klipphausen, 8. März 2019

der Kulturkreis Schloss Scharfenberg möchte Sie hiermit zeitnah zu nachfolgendem Sachverhalt um Auskunft und Stellungnahme bitten:

Altes Schulhaus Taubenheim

Vor 6 Jahren wurde das Schulhaus von der Gemeinde Klipphausen an den jetzigen Eigentümer

Herrn Heidig verkauft. Laut Angaben des Bürgermeisters gehörte zum Kaufvertrag  standardmäßig eine Investitionsverpflichtung. (In einem Antwortbrief der Gemeindeverwaltung vom 21. Mai 2013 erklärte Bürgermeister Gerold Mann (parteilos), dass die Formulierung einer Investitionsverpflichtung „in unseren Kaufverträgen Standard ist und auch im vorliegenden Fall Inhalt des Kaufvertrages sein wird“.) Laut der vereinbarten Investitionsverpflichtung sollte bis zum 31. Dezember 2014 das Gebäudes saniert und einer Nutzung zugeführt werden. Das ehemalige Schulhaus von Taubenheim liegt in direkter Nachbarschaft zum historisch bedeutsamen Ensemble Torhaus und Schloss Taubenheim.

Wann und inwieweit ist die Gemeindeverwaltung ihrer Pflicht nachgekommen, den Eigentümer in Schriftform an seine Investitionsverpflichtung zu erinnern? Wann und warum wurde die ursprünglich vertraglich vereinbarte Investitionspflicht aufgehoben? Bis wann gilt die neu vereinbarte Frist? Erfolgte diese Fristverlängerung mit Zustimmung des Gemeinderates? 

Keipsches Gut

Im Dorfkern von Taubenheim befindet sich das ehemalige Keipsche Gut.

Es wurde ebenfalls aus Gemeindeeigentum, im Jahr 2002 an Herr Heidig veräußert. Das Gebäudeensemble unterliegt dem Denkmalschutz. Seit den vergangenen 17 Jahren wurden weder Sicherungsmaßnahmen vorgenommen, noch fand eine Sanierung statt. Im Gegenteil, einige Wirtschaftsgebäude wurden abgerissen der Rest wissentlich dem Verfall anheimgestellt.

Gab es in Hinblick auf den verwahrlosten Zustand der Anlage mitten im Dorfkern, jemals  Anmahnungen Seitens der Gemeindeverwaltung? Wenn ja, in welcher Form und in welchen Zeitabständen.

Schlossensemble Taubenheim

Das historisch bedeutsame Ensemble, (Schloss, Schlosspark und Mühle) wurde 2003 in saniertem und völlig intaktem Zustand, vom Landkreis für die  lächerliche Summe 65.000 € an Herrn Heidig verscherbelt. (Im Vergleich: für des marode Schloss Batzdorf, wurden 100.000 DM an die Gemeindekasse fällig)  Weder Schloss noch Park wurden seit dem einer Nutzung zugeführt oder angemessen unterhalten. Seit dem Jahr 2011 sind Teile der Stützmauern einstürzt, andere im Park sind einsturzgefährdet. Das Dach des Schlossgebäudes ist seit Jahren stark beschädigt. 

In wie weit  nimmt die Gemeinde Ihre Verantwortung für die Erhaltung dieses historisch und kulturell bedeutsamen Ensembles wahr? In welcher Form und in welchen Abständen wurde der Eigentümer von der Gemeindeverwaltung auf seine Unterhaltspflicht  hingewiesen? 

In wie weit kommt die Gemeinde ihrer Unterhaltspflicht bezüglich der nach wie vor in ihrem Besitz befindlichen Anteile des Schlossparkes nach?  

Schlossensemble Gauernitz

Schloss Gauernitz wurde bereits 2003 aus Gemeindebesitz an einen privaten „Investor“ veräußert. Nach Nichteinhaltung und Ablauf der Investitionsverpflichtung hat die Gemeinde auf ihr Rückkaufsrecht verzichtet. Die vor einigen Jahren begonnenen Erhaltungsmaßnahmen wurden nicht beendet. Die Dächer sind derzeitig nur noch mit löchrigen Planen abgedeckt, die gesamte Bausubstanz ist geschädigt. Zahlreiche Fenster stehen ganzjährig offen. Für Einheimische wie für Besucher eröffnet sich am Ortseingang der Gemeinde ein Bild von Verfall und Verwahrlosung.

Wann, in welchen Anstände und in welcher Form hat die Gemeindeverwaltung den Besitzer an seine Unterhaltspflicht erinnert?                  

Historisches Erbe 

Mit der Veräußerung denkmalgeschützter Gebäude und Anlagen an private „Investoren“, ist eine Gemeindeverwaltung nicht von ihrer Verantwortung entbunden. Das Gebot, unser kulturelles Erbe zu erhalten, ist durch Rechtsvorschriften, Satzungen und entsprechende Sanktionsmöglichkeiten geregelt. Es gründet darüber hinaus auf ein breites gesellschaftliches Anliegen. 

Amtsträger und Verwaltung stehen deswegen in der Pflicht unser Kulturgut zu bewahren.

Marginale:  Die folgende Sätze sollen keine „Belehrung“ sein, wie uns bei der letzten Korrespondenz unterstellt wurde. Im Gegenteil, sie sind eine unmissverständliche Aufforderung zum Handeln. Es gab Zeiten, in denen unsere Gemeinde mit weit weniger Mitteln auskommen mußte, und selbst da hat man sich Mühe gegeben und gekümmert. Schon deswegen ist es völlig unakzeptabel, wie eine der wohlhabendsten Gemeinden, mit ihrem Kulturerbe umgeht. Wo ein Wille ist, ist ein Weg, sagt der Volksmund. Abwarten und zusehen ist keine Option. Untätigkeit heißt Unwille oder Unfähigkeit, Unwille bedeutet Vorsatz und Unfähigkeit, Versagen.

Unser kulturelles Erbe, von dem wir heute zehren, verdanken wir dem Willen und der Fähigkeit von Verantwortungsträgern und Bürgern, die über ihren Tellerrand hinaus dachten. Durch Verantwortungsgefühl und Weitsicht wurden weltweit historische Stadtanlagen und Dörfer, bezaubernde Kulturlandschaften, zu denen es unzählige Menschen in der Freizeit hinzieht, erhalten. Die für manche Zeitgenossen noch immer gängige Logik: Was keinen Nutzen mehr hat, hat keinen Wert, ist nicht nur einfältig, sie ist für ein modernes, demokratisches  Gemeinwesen schlechthin untragbar. 

Mit Dank und freundlichen Grüßen  

G.L.Lippold, Vorstand Kulturkreis Schloss Scharfenberg e.V

Anlage digital per Email: Zustandsfotos Schulhaus, Keipsches Gut, Schloss Taubenheim, Schlossareal Gauernitz

Verteiler: Untere Denkmalschutzbehörde, Landesamt für Denkmalpflege, Geert Mackenroth, MdL, Daniela Kuge, MdL, Dr. Roland Wöller, Innenminister, Sächsischer Heimatschutz e.V., Bürgerforum Klipphausen, Bürgerforum Linkselbische Täler, Lebensraum Scharfenberg e.V., BI Naustadt, Landrat Arndt Steinbach, Sächsische Zeitung

 

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